Als Grundlage jeder Ration dient bekanntlich das Raufutter (am besten Heu). Hier gilt als Faustformel ca. 1,5 (absolutes Minimum) -2 kg Heu pro 100 kg Körpergewicht. Bei einem 600 kg Pferd ergibt das eine Tagesmenge von 9-12 kg Heu. Wenn man ein sehr leichtfuttriges oder schon zu dickes Pferd hat, kann man einen Teil des Heus (maximal 1/3) durch gutes Stroh ersetzen. Da der Verdauungsapperat eines Pferdes für dauerhafte Nahrungsaufnahme ausgelegt ist, dürfen Fresspausen niemals zu groß sein. Allgemein anerkannt sind maximal 4 Stunden, wobei auch hier individuell geschaut werden muss. Das Kaubedürfnis muss regelmäßig befriedigt werden, da sonst Probleme mit der Verdauung und dem Stoffwechsel die Folge sind. Von Zahnproblemen, Stress in der Herde, Langeweile und Futterneid ganz abgesehen.
Wenn man keine eigene Heuanalyse zur Hand hat, kann man die Durchschnittswerte des jeweiligen Bundeslandes als Grundlage der Berechnung heranziehen (und muss mit der dadurch entstehenden Ungenauigkeit in der Ration leben). Für Niedersachsen und NRW findet man diese z.B. bei der Lufa.
Für die Erstellung einer passenden Ration müssen Gewicht und Arbeitsleistung in Relation gebracht werden. Gewicht und Arbeitsleistung bedingen den Tagesbedarf der Mineralstoffe etc.. Zur Orientierung: 5-6x Training von ca. einer ¾ Stunde in Schritt, Trab und Galopp ohne Schwitzen ist unter leichter Arbeit einzuordnen.
Mein Pferd z.B. steht im Offenstall (Heu ad. lib. und ganzjährig wenigstens tagsüber Wiese) und wird zur Zeit 2-3x pro Woche für 30-40 min geritten, longiert oder an der Hand gearbeitet und ich rechne mit Erhaltung.
Für die Wahl der passenden Futtermittel muss man nun vor Allem den zu erreichenden Energiewert, den Proteingehalt, den NSC-Anteil, das Ca:Ph-Verhältnis, die limittierenden Aminosäuren und in Abhängigkeit der jeweils vorliegenden PSSM-2-Varianten diverse Mengen- und Spurenelemente sowie Vitamine betrachten.
Energie:
Hier wird zwischen verdaulicher Energie (DE) und umsetzbarer Energie (ME) unterschieden. Die verdauliche Energie ist die Energie, die dem Pferd über Nahrung etc. zugeführt wird minus die Energie, die der Kot noch enthält. Die umsetzbare Energie beschreibt die verdauliche Energie abzüglich des Energieverlusts durch Verdauung und Ausscheidung. Heutzutage verwendet man die umsetzbare Energie zur Berechnung.
Proteingehalt:
Hier unterscheidet man zwischen Rohprotein und dünndarmverdaulichem Rohprotein (pcv, dvRp). Letzteres ist das Wichtige für die Rationsberechnung, da es das ist, was im Pferd auch wirklich „ankommt“. Manche Hersteller stellen praktischerweise beide Werte zur Verfügung. Ansonsten kann man mit ca. 60% des Rohproteins rechnen.
NSC-Anteil:
Der NSC-Anteil errechnet sich aus dem Stärke-, Zucker- und Fruktangehalt. Alles drei zusammengerechnet sollte bei MIM-Pferden unter 10% der Gesamtration betragen.
Ca:Ph-Verhältnis:
Bei gesunden Pferden sollte es bei 2:1 liegen. Bei MIM Pferden geht man von 1,8:1 im Optimalfall aus.
Limittierende Aminsäuren:
Gemeint sind hier die Aminosäuren Lysin, Methionin und Threonin. Da das Pferd sie nicht selbst bilden kann, sollten sie optimalerweise im Verhältnis 10g, 5g, 3g zusätzlich zugegeben werden.
Variantenabhängige Besonderheiten:
PX zeichnet sich durch eine Störung der Calciumkanäle aus, daher sollte Ca nicht über den Tagesbedarf hinaus zugeführt werden. Hier ist das Ca:Ph-Verhältnis von 1,8:1 besonders wichtig. Aber auch Calcium muss im Tagesbedarf zugeführt werden, daher sollte man nicht zu große Angst davor haben.
P2, P3, P4: hier wird von einem Proteinmehrbedarf von 20-100% ausgegangen, B-Vitamine Magnesium und Mangan scheinen eine wichtige Rolle zu spielen. Da Eisen ein Gegenspieler von Mangan ist, muss darauf geachtet werden, kein zusätzliches Eisen in die Ration zu bringen, da es im Heu in den allermeisten Fällen schon über Tagesbedarf vorhanden ist. Zu viel Eisen hemmt die Manganaufnahme und verdrängt Zink und Kupfer.
P8: Vitamin E spielt hier eine besondere Rolle und darf oft in recht hohen Dosen zum Einsatz kommen. Hier ist darauf zu achten das natürliche Vitamin E zu wählen (z.B. d-Alpha-Tocopherol oder RRR-Alpha-Tocopherol).
K1: hier spielt Kollagen eine wesentliche Rolle
Grundsätzlich gilt jedoch: welcher Zusatz in welcher Menge nötig ist, ist immer abhängig vom jeweiligen Pferd. Daher startet mit *einem* Zusatz in einer geringen Dosis und erhöht schrittweise. Ändert man zu viel auf einmal, weiß man nicht, was hilft und was nicht. Abgesehen davon, benötigt die Darmflora auch bei gesunden Pferden gute 2 Wochen um sich auf Veränderungen einzustellen. Ändert man zu schnell zu viel, kann man damit den gesamten Stoffwechsel durcheinander bringen.
Bei der Wahl der Futtermittel sind Vorerkrankungen, wie z.B. Magengeschwüre, Allergien oder Unverträglichkeiten zu beachten.
Die Wahl des Mineralfutters hängt im Wesentlichen vom Gehalt des Grundfutters (also dem Heu) ab. Meistens muss darauf geachtet werden, dass möglichst wenig Eisen und Calcium zugesetzt ist und die drei limittierenden Aminosäuren enthalten sind. Mit diesen drei Kriterien fallen die meisten handelsüblichen Mineralfutter schon raus. Ich selbst bin ein Fan der natürlichen Fütterung. Ich arbeite also, wo es möglich ist, ohne synthetische Zusätze. Da mein Pferd mit Px/Px, n/P2 und n/P8 aber voll zugeschlagen hat, kommen wir ohne extra supplementiertes Magnesium, Mangan, Vitamin E und den Aminos nicht aus. Auch hier muss man sich durch die verschiedenen Verbindungen testen, da Bioverfügbarkeit, Geschmack und natürlich der Preis teilweise deutlich variieren.
Generell gilt, im Darm liegt das Immunsystem. Nur mit einem gesunden Darm und Verdauung kann es einem Pferd wirklich langfristig gut gehen.
Wichtig ist dennoch, das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren, denn die Fütterung alleine ist nicht alles. So wenig wie man Pilzbefall im Heu wegfüttern kann, kann man Muskeln auffüttern. Das richtige Training (biomechanisch korrekt ud passend zur Tagesform), Haltung, Hufsituation, Eindecken sind einfach unerlässlich. Und alles spielt zusammen und ändert sich andauernd (schon alleine jahreszeitenbedingt). Daher ist ein wachsamer Blick des Besitzers unerlässlich und auch die Mühe ein akribisches Tagebuch zu führen, hat sich bei mir schon 1000-fach bezahlt gemacht. Die eventuell schon vorhandenen Probleme müssen sorgfältig (tierärztlich) diagnostiziert werden und dann in einer Rationsplanung mit einer Unterstützung (z.B. durch Kräuter) berücksichtigt werden.
Aber neben all der Diagnostik, der Sorgen, der Zeit, dem Geld und den Nerven die man auf der Suche nach Verbesserung und Optimierung lässt, ist es wichtig, sich selbst nicht außer Acht zu lassen. Es hilft niemandem, wenn aller Spaß am Hobby langfristig verloren geht. Man muss auch mal wegschauen und Dinge sein lassen, wie sie sind…